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Ehevertrag

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Errungenschaftsbeteiligung

Rechtsgebiet:
Ehevertrag
Stichworte:
Ehevertrag
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Definition

Der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung ist der ordentliche Güterstand, welcher stets dann zur Anwendung gelangt,

  • wenn die Ehegatten nicht mittels Ehevertrag einen anderen Güterstand (Gütergemeinschaft oder Gütertrennung) vereinbart haben (sog. vertragliche Güterstände) und
  • auch nicht die Gütertrennung als ausserordentlicher Güterstand zur Anwendung gelangt (aufgrund richterlicher Anordnung).

Bei der Errungenschaftsbeteiligung werden vier Vermögensmassen unterschieden:

gueterstaende

Merkpunkte:

  • Während der Dauer des Güterstandes zeitigt die Errungenschaftsbeteiligung (im Gegensatz zum Güterstand der Gütergemeinschaft) keine konkreten Rechtswirkungen, sondern erst bei der Auflösung des Güterstandes (vgl. Güterrechtliche Auseinandersetzung).
  • Jeder Ehegatte verwaltet und nutzt seine Errungenschaft und sein Eigengut und verfügt darüber selbst (ZGB 201 Abs. 1).
  • Steht ein Vermögenswert im Miteigentum beider Ehegatten, so kann ein Ehegatte nur mit Zustimmung des anderen über seinen Anteil verfügen, ausser es wurde etwas anderes vereinbart (ZGB 201 Abs. 2).
  • Jeder Ehegatte haftet für seine Schulden mit seinem gesamten Vermögen (ZGB 202).
  • Der Güterstand hat keinen Einfluss auf die Fälligkeit von Schulden zwischen den Ehegatten (ZGB 203 Abs. 1).

Eigengut

Es ist zwischen Eigengut von Gesetzes wegen und Eigengut aufgrund eines Ehevertrages zu unterscheiden.

  • Das Gesetz (ZGB 198) enthält eine abschliessende Aufzählung von Vermögensgegenständen, welche von Gesetzes wegen zwingend Eigengut eines Ehegatten darstellen. Es sind dies:
    1. die Gegenstände, die einem Ehegatten ausschliesslich zum persönlichen Gebrauch dienen;
    2. die Vermögenswerte, die einem Ehegatten zu Beginn des Güterstandes gehören oder ihm später durch Erbgang oder sonstwie unentgeltlich zufallen;
    3. Genugtuungsansprüche;
    4. Ersatzanschaffungen für Eigengut (Surrogate).
  • Nebst dem Eigengut von Gesetzes wegen können die Ehegatten mittels Ehevertrag folgende Vermögenswerte, welche sonst zur Errungenschaft gehören würden (vgl. Errungenschaft) dem Eigengut zuweisen:
    1. Für die Berufsausübung oder für den Betrieb bestimmte Vermögenswerte
    2. Erträge aus Eigengut

Errungenschaft

Das Gesetz beschreibt in einer Legaldefinition (ZGB 197), d.h. als Begriff-Umschreibung unter Angabe von Beispielen und damit nicht abschliessend, die Errungenschaft wie folgt:

„Errungenschaft sind die Vermögenswerte, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes entgeltlich erwirbt“ (Abs. 1).

„Die Errungenschaft eines Ehegatten umfasst insbesondere:

  1. seinen Arbeitserwerb;
  2. die Leistungen von Personalfürsorgeeinrichtungen, Sozialversicherungen und Sozialfürsorgeeinrichtungen;
  3. die Entschädigungen wegen Arbeitsunfähigkeit;
  4. die Erträge seines Eigengutes;
  5. Ersatzanschaffungen für Errungenschaft“ (Abs.2)

Güterrechtliche Auseinandersetzung

Die güterrechtliche Auseinandersetzung erfolgt stets dann, wenn ein Güterstandsauflösungsgrund vorliegt (vgl. Güterstands-Auflösungsgründe).

Die güterrechtliche Auseinandersetzung erfolgt in vier Teilschritten.

Schritt 1: Trennung von Mannes- und Frauengut

In einem ersten Schritt werden sämtliche Vermögenswerte nach Sachenrechts-Grundsätzen dem Frauen- oder Mannesgut zugeordnet.

  • Die Ehegatte nehmen ihre Vermögenswerte zurück, welche sich im Besitz des anderen Ehegatten befinden (ZGB 205 Abs. 1).
  • Steht ein Vermögenswert im Miteigentum der Ehegatten und weist ein Ehegatte ein überwiegendes Interesse am Vermögenswert nach, so kann er verlangen, dass ihm dieser Vermögenswert gegen Entschädigung des anderen Ehegatten ungeteilt zugewiesen wird (ZGB 205 Abs. 2).
  • Investitionen in Vermögenswerte des anderen Ehegatten werden zum Nennwert ersetzt und sind allenfalls proportional am Mehrwert beteiligt (sog. Mehrwertanteil; ZGB 206 Abs. 1; zur Abänderung des Mehrwertanteils siehe Abänderung Mehrwertanteil).
  • Die Ehegatten regeln ihre gegenseitigen Schulden und ordnen die Schulden gegenüber Dritten zu (ZGB 205 Abs. 3).

Schritt 2: Errungenschaftsberechnung

Nach erfolgter Zuordnung der Vermögenswerte in Frauen- und Mannesgut, wird in einem zweiten Schritt der Saldo der Errungenschaft beider Ehegatten berechnet:

  • Hierzu erfolgt die Aussonderung der Eigengüter der Ehegatten, wobei ein Vermögensgegenstand stets als Ganzes entweder dem Eigengut oder der Errungenschaft zugeordnet wird.
  • Bei einer finanziellen Beteiligung beider Gütermassen (Eigengut und Errungenschaft) an einem Vermögenswerte, wird der Vermögenswert derjenigen Gütermasse (Eigengut oder Errungenschaft) zugeordnet, welche die grössere finanziellen Beteiligung hat; bei gleichgrosser Beteiligung wird der Gegenstand der Errungenschaft zugeordnet (ZGB 200 Abs. 3). Die mitinvestierende Gütermasse erhält eine Ersatzforderung, welche an einem allfälligen Mehr-, aber auch an einem allfälligen Minderwert beteiligt ist.
  • Schulden werden derjenigen Gütermasse zugeordnet, zu welcher der engste sachliche Zusammenhang besteht, in Zweifelsfall der Errungenschaft (ZGB 209 Abs. 2). Wurden Schulden der einen Gütermasse durch die andere Gütermasse desselben Ehegatten beglichen, so entsteht eine Ersatzforderung (ZGB 209 Abs. 2).
  • Der Verkehrswert der Vermögenswerte der Errungenschaften wird im Moment der Auflösung des Güterstandes festgestellt (ZGB 214 Abs. 1). Massgebend ist der Nettoverkehrswert nach Abzug der auf den Vermögenswerten lastenden Schulden (ZGB 210 Abs. 2)

Schritt 3: Berechnung der Vorschlags-Beteiligung

In einem nächsten Schritt wird die Vorschlags-Beteiligung berechnet.

  • Weist die Errungenschaft (unter Berücksichtigung der Schulden) einen Aktivsaldo aus, so liegt ein sog. Vorschlag Ein Negativsaldo, d.h. ein Rückschlag wird nicht berücksichtigt (ZGB 210 Abs. 2), sondern ist letztlich von beiden Ehegatten gemeinsam zu tragen.
  • Das Gesetz sieht einen Anspruch auf die Hälfte des Vorschlages des anderen Ehegatten vor (ZGB 215 Abs. 1).
  • Die gesetzliche Regelung der hälftigen Vorschlagsbeteiligung ist insofern dispositiv, als durch Ehevertrag eine andere Beteiligung am Vorschlag vereinbart werden kann (ZGB 216 Abs. 1). Bei einer solchen Änderung der Vorschlags-Beteiligung sind aber die Pflichtteilsansprüche der nichtgemeinsamen Kinder zu beachten (ZGB 216 Abs. 2); vgl. hierzu Bestimmung der Vorschlagsbeteiligung

Schritt 4: Anspruchs-Erfüllung

Die berechneten Ansprüche am Vorschlag des anderen werden miteinander verrechnet, womit ein Zahlungsanspruch des einen Ehegatten an den anderen entsteht.

Beispiel

Errungenschaft Ehemann: CHF 200‘000     
Errungenschaft Ehefrau: CHF 100‘000

½-Anspruch Ehefrau: CHF 100‘000     
½-Anspruch Ehemann: CHF 50‘000

–> Es resultiert ein Anspruch der Ehefrau gegenüber dem Ehemann auf CHF 50‘000

Literatur

  • HAUSHEER HEINZ/GEISER THOMAS/AEBI-MÜLLER REGINA E., Das Familienrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 6. Auflage, 2018
  • JUNGO ALEXANDRA, Zusammenwirken von Güterrecht und Erbrecht, Nachlassplanung und Nachlassteilung, Zürich Basel Genf, 2014
  • AEBI-MÜLLER REGINA E., Die optimale Begünstigung des überlebenden Ehegatten, Güter-, erb-, obligationen- und versicherungsrechtliche Vorkehren, unter Berücksichtigung des Steuerrechts, 2. Aufl., Bern 2007

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